Unter der Überschrift „Diplomatie grenzenlos?“ hat sich gestern der Deutsche Botschafter in Österreich, Vito Cecere, den Fragen von knapp 100 interessierten Gästen gestellt. Eingeladen hatte die Europäische Akademie Inntal zusammen mit dem Institut Medien, Gesellschaft und Kommunikation der Universität Innsbruck sowie dem Club Alpbach Tirol. In der Aula der Uni Innsbruck konnten Bürger:innen, Akademie-Mitglieder und Studierende dem erfahrenen Diplomaten zahlreiche Fragen zu diplomatischen Strategien, politischer Debattenkultur und auch aktuellen Europa- und weltpolitischen Themen stellen. Die Begrüßung und Einführung übernahm der Vizerektor der Universität Innsbruck Prof. Gregor Weihs. Es moderierten Dr. Natascha Zeitel-Bank, Dozentin der Universität Innsbruck und Co-Gründerin der Europäischen Akademie Inntal und Hannes Frei vom Club Alpbach Tirol.

Der Kultur-, Medien- und Wissenschaftsexperte Vito Cecere wurde im August 2023 vom deutschen Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier in das Amt des Botschafters der Bundesrepublik Deutschland in Österreich berufen. Kern-Takeaway der Veranstaltung von Seiten Ceceres war sein Aufruf zu respektvoller Kommunikation auch mit schwierigen Gesprächspartnern und in kontroversen Situationen. Zur Sprache kamen hier u.a. das aus deutscher Sicht schwer zu verstehende Thema der österreichischen Neutralität, der Wettstreit von Deutschland und Österreich um den Platz im UN-Sicherheitsrat, die unterschiedlichen Geschwindigkeiten und Pläne bezüglich der Zuläufe zum Brenner-Basistunnel und die Transitproblematik. Weitere Beispiele für zielgruppenspezifische Kommunikation im diplomatischen Umfeld gab Cecere auch bezüglich einer archäologischen Ausgrabung in Ägypten, bei Fragen des Umweltschutzes, beim Thema russisches Gas, zur Kommunikation mit der USA und bei der Rolle Europas im Gaza-Konflikt.
Generell, so gab Cecere unumwunden zu, ändere sich aktuell die gesamte Debattenkultur im diplomatischen Umfeld massiv: Europa müsse wohl lernen, nicht nur Werte zu kommunizieren, sondern konkret und offen international auch Interessen anzumelden und zu verteidigen. Dies so geschlossen wie irgend möglich, sonst werde man international als schwach wahrgenommen.
Kommunikation ist außerdem eine Frage der richtigen Kanäle: Die deutschen Botschaften seien ganz bewusst nicht nur im politischen Umfeld aktiv, sondern auch auf Social Media und in Kanälen, in denen man die Bevölkerung der jeweiligen Länder erreiche. Unter anderem habe sein Team Interviews gegeben, als in Deutschland Bundestagswahl war. Dies sei eine ganz bewusste Strategieentscheidung des Auswärtigen Amts in Deutschland. In anderen Ländern mit Fremdsprachen spielen in punkto breite Kommunikationsbasis in den Ländern der Vertretungen traditionell auch die Goethe-Institute eine wichtige Rolle. Im ebenfalls deutschen Sprachraum Österreich gibt es diese nicht.
Was sein Eindruck von Tirol ist, konnten wir den deutschen Botschafter zudem am Rande der Veranstaltung fragen: Die Menschen wirkten auf ihn kernig, ehrlich und noch einmal deutlich stärker gegen Grenzschließungen als der Rest Österreichs, so Ceceres Eindruck. Die Frage ob sie sich auf weitere Veranstaltungen in Tirol freuen würden, beantworten er und seine teilweise auch mitdiskutierende Ehefrau, ihrerseits Expertin für Partizipation junger Menschen, mit einem klaren: Ja.
